Vielen gilt die aktuelle internationale Finanz- und Wirtschaftskrise als potenziell transformativer Moment, der über die ökonomische Sphäre hinaus zu tiefgreifenden sozialen und politischen Veränderungen führen könnte. Nutzt die Kritik diese diskursive Gelegenheit, um sich in der breiteren öffentlich-medialen Debatte in Stellung zu bringen und damit eine Legitimationskrise des Kapitalismus auszulösen? Diese Frage untersuchen wir auf der Basis einer Inhalts- und Diskursnetzwerkanalyse der deutschen Qualitätspresse. Wir gehen der Frage nach, ob sich in der deutschen Öffentlichkeit im Zuge der Finanzkrise starke kritische Diskurskoalitionen formiert haben, die imstande sein könnten, die Legitimität der Marktökonomie nachhaltig infrage zu stellen. Zunächst umreißen wir unsere Sicht auf Legitimationsprozesse (1.) und präsentieren unsere Datengrundlage und Analyseverfahren (2.). Schließlich untersuchen wir, ob Kapitalismuskritik seit 2008 an diskursiver Bedeutung gewonnen hat (3.) und sich dabei auf Diskurskoalitionen mit einer soliden argumentativen Basis stützt (4.).
Finanzkrise ohne Legitimationskrise? Kapitalismuskritik in der deutschen Qualitätspresse
19. August 2015 | 0 comments
Haunss, Sebastian, Falk Lenke, Henning Schmidtke und Steffen Schneider (2015): Finanzkrise ohne Legitimationskrise? Kapitalismuskritik in der deutschen Qualitätspresse, in: Maria Dammayr, Doris Graß, and Barbara Rothmüller (Hg), Legitimität. Gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Bruchlinien der Rechtfertigung, Bielefeld: transcript, S. 73–94.